Vitifutur will Forschung und Praxis miteinander zu verknüpfen. Wie gelingt es, das über Forschung gewonnene Wissen in konkrete Anwendungen überführen? Dies ist eines unserer wichtigsten Anliegen; denn nur so wird dieses Wissen relevant. Diese Umsetzung hat viele Facetten, die Ergebnisse unserer Forschung fließen zum Beispiel direkt in Empfehlungen für den Anbau mit ein. Damit wird es möglich, der Ausbreitung von Krankheitserregern wirkungsvoller zu begegnen oder die Entstehung von Resistenzen zu verhindern.
Wir behalten jedoch auch die Gesellschaft im Blick – was nutzen die ganzen Anstrengungen für einen ökologisch verträglicheren Weinbau, wenn das Produkt hinterher niemand kaufen will? Daher wird auch wissenschaftlich untersucht, wie die Gesellschaft über den nachhaltigen Weinbau denkt.
Die Züchtung von pilzwiderstandsfähigen Rebsorten ist eine wissenschaftliche Erfolgsgeschichte. Durch geschickte Nutzung der natürlichen Biodiversität gelang es, neue Varietäten zu erhalten, die mit sehr wenig, manchmal sogar ganz ohne chemischen Pflanzenschutz auskommen.
Freilich, die tollste Erfindung bringt wenig, wenn das Produkt hinterher nicht gekauft wird. Die Geschichte der Piwi-Reben ist daher auch eine Geschichte von politischen und rechtlichen Hindernissen: Während es im Nationalsozialismus verboten war, an solchen Sorten zu forschen, weil hier die europäischen Reben mit „Amerikanerblut verfälscht“ wurden, wurde in den 70er Jahren europaweit festgelegt, dass Qualitätswein nur aus der Art Vitis vinifera hergestellt werden durfte, in einigen Ländern wurde der Anbau von Piwi-Reben sogar weitgehend verboten. In Frankreich wurde dieser generelle Bann erst 2008 mit Zulassung von 20 Neuzüchtungen gelockert.
Inzwischen hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass diese Rebsorten, bei denen oft 90% des Erbguts aus der Kulturrebe Vitis vinifera stammt, damit auch als Vitis vinifera anzusehen sind.
Dennoch haben es diese Reben immer noch schwer, weil viele Verbraucher traditionelle Sorten bevorzugen und bei neuen Namen erst einmal skeptisch sind.
Mit Veranstaltungen wie „The Best of Piwis“ von Projektpartner WBI geht es nicht nur darum, die gesellschaftliche Akzeptanz für diese Weine zu verbessern, sondern auch zu sehen, wie solche Weine vom Publikum bewertet werden. Hier zeigen sich, bei anonymen Verkostungen, interessante Trends – wer kein spezieller Freund des Spätburgunders ist, schätzt die Piwi Cabernet Cortis als die edlere (und auch teurere) Variante ein. Eine Strategie, die solche individuellen Unterschiede nutzt, kann also durchaus helfen, neue Märkte zu erschließen, gerade auch unter jüngeren Menschen.
Dafür muss man aber erst einmal mit wissenschaftlichen Methoden herausbekommen, wie die Verbraucher das Thema Piwi bewerten. Dazu wird zunächst evaluiert wie verbreitet Piwi-Sorten überhaupt in der Region Oberrhein sind und in welcher Form sie auf den Markt kommen. Aus den daraus gewonnenen Erkenntnissen werden dann Hypothesen abgeleitet, die in Experteninterviews mit Winzern, Gastronomen, Fachhändlern und Weinmedienvertretern empirisch überprüft werden. Diese Forschungsergebnisse liefern wiederum wichtige Erkenntnisse für die Erfolgreiche Vermarktung von Piwi-Weinen.
Die seit Jahrtausenden in Europa angebauten Sorten der Weinrebe (Vitis vinifera) werden immer wieder von hochspezialisierten Krankheitserregern befallen, die zum Teil erhebliche Verluste von Qualität und Ertrag verursachen können. Unter diesen Spezialisten sticht besonders die Rebenperonospora (Plasmopara viticola), auch Falscher Mehltau der Weinrebe genannt, durch ihre ausgeprägte Virulenz hervor. Gefördert durch hohe Durchschnittstemperaturen und häufige Regenperioden breitet sie sich in manchen Jahren bereits im Frühjahr rasant aus und verursacht Epidemien, die nur schwierig zu kontrollieren sind. Durch die Zunahme von warmen niederschlagsreichen Perioden erhöht sich die Gefahr schwerer Epidemien mit erheblichen wirtschaftlichen Schäden. Da die klassischen europäischen Sorten eine hohe Anfälligkeit gegen die Rebenperonospora besitzen, sind innovative Verfahren zur nachhaltigen Sicherung von Qualität und Ertrag im Weinbau in Anbetracht der zunehmenden Häufigkeit der Epidemien dringend erforderlich. Mit dem Anbau von Rebsorten, die gegenüber der Rebenperonospora eine ausgeprägte Resistenz aufweisen, können diese Forderungen erfüllt werden. Im vorliegenden Teilprojekt arbeiten die beteiligten Partner gemeinsam daran, den Weinbau mit resistenten Rebsorten durch wissenschaftliche Arbeiten, praxisnahe Innovationen und Transfer von Wissen zu fördern.
In den wissenschaftlichen Arbeiten wird mit vertieften Erkenntnissen zu Resistenzmechanismen eine breite Grundlage für die Züchtungsarbeit geschaffen. Hierzu werden die frühen Infektionsstadien der Rebenperonospora an potentiellen Kreuzungspartnern charakterisiert und die Interaktion des Erregers mit seiner Wirtspflanze analysiert. In Labor und unter Praxisbedingungen werden Dynamik und Effektivität der Resistenzmechanismen bewertet. Die enge Zusammenarbeit der Partner aus universitärer Grundlagenforschung und angewandter Weinbauforschung ermöglicht den Einsatz neuester mikroskopischer, biochemischer und molekularbiologischer Methoden.
Diese Basisarbeit ergibt neue Kandidaten für die Züchtungsarbeit mit dem Ziel, neue Zuchtstämme mit verbesserter Resistenz gegen die Rebenperonospora zu erhalten, die auch in Hinblick auf die Produktqualität alle Ansprüche erfüllen.
Der Anbau von resistenten Rebsorten erfordert neue Managementsysteme. Vor allem ist es unerlässlich, bei witterungsbedingtem hohem Befallsdruck durch die Rebenperonospora Qualität und Ertrag zu schützen. Bei ausgedehnten Epidemien besteht zudem die Gefahr einer Erosion der Resistenz. Daher müssen Strategien für diesen unbedingt notwendigen Pflanzenschutz entwickelt und evaluiert werden. Die Evaluation dieser nachhaltigen Managementsysteme und Pflanzenschutzstrategien nachhaltiger Pflanzenschutzstrategien mit resistenten Rebsorten erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Weinbaupraxis. Zu diesem Zweck werden in Ertragsweinbergen mit resistenten Sorten das Resistenzniveau, die Gesundheit von Laub Wand und Trauben sowie Ertrag und Qualität ermittelt. Die Daten werden wissenschaftlich ausgewertet und die evaluierten Managementsysteme und Strategie der Weinwirtschaft vorgestellt.
Voraussetzung für einen nachhaltigen Weinbau mit resistenten Rebsorten ist, dass diese neuen Sorten in der Weinwirtschaft akzeptiert werden und beim Weinkonsumenten breite Resonanz finden. Wichtigste Kriterien für die Weinwirtschaft, den Anbau dieser Sorten zu forcieren sind auf der einen Seite zuverlässige Resistenz, stabile Erträge und hohe Qualität, auf der anderen Seite das Vermarktungspotential. Nur wenn die Weinkonsumenten die resistenten Sorten annehmen und nachfragen, wird sich der Anbau dieser Sorten in der Weinwirtschaft durchsetzen. Durch wissenschaftlich gestützte Umfragen in der Weinwirtschaft zur Akzeptanz resistenter Rebsorten werden Voraussetzungen für die Einführung der Sorten in die Praxis und die Platzierung auf dem Markt geschaffen.
Viruskrankheiten, wer denkt dabei nicht an Pocken, Ebola, HIV, Grippe oder andere schwere Seuchen oder minderschwere aber unangenehme Krankheiten wie Schnupfen? Aber auch Pflanzen werden von diesen Erregern erfasst und mehr oder weniger stark geschädigt.
Viren sind rätselhafte erscheinende Partikel, die gleichsam zwischen belebten Organismen und unbelebten, komplexen Nanopartikeln stehen. Sie nutzen den Zellapparat ihrer Wirtspflanze um sich zu vermehren und im pflanzlichen Gewebe auszubreiten. Außerhalb ihrer Wirtszelle befinden sich Viren in einem Ruhezustand in dem sie sich nicht aktiv ausbreiten können, daher sind sie für die Infektion ihrer Wirtspflanze auf Überträger (Vektor) angewiesen. Sie werden von ihren Vektoren, in den meisten Fällen pflanzensaugende Insekten, Milben oder Nematoden (Fadenwürmer), beim Saugvorgang direkt in die pflanzlichen Zellen injiziert.
Wie die überwiegende Mehrheit der Kulturpflanzen wird auch die Weinrebe von Viren befallen. Viruskrankheiten treten allerdings im Alltag des Winzers sehr oft hinter der Rebenperonospora, dem Echten Mehltau und der Botrytis zurück und werden seltener als Ursache für nachlassende Leistungsfähigkeit der Weinreben wahrgenommen. Sie besitzen dennoch eine große Bedeutung für die weinbauliche Praxis, da sie lokal zu erheblichen Schäden führen können. Im Elsass, in Baden, der Pfalz und der Schweiz treten Viruskrankheiten der Weinrebe verbreitet auf und beeinträchtigen Ertrag, Qualität und Lebensdauer der Weinreben.
Dieser Rückgang der Wuchskraft zeigt deutliche Sorten Unterschiede; bei den Sorten Gewürztraminer und Trollinger verläuft er heftiger als z.B. bei der Sorte Riesling.
Sehr unterschiedlich können sich auch andere Symptome der Reisigkrankheit ausprägen wie z.B. Blattverfärbungen (Panschüren). Dabei verfärbe sich je nach Witterung Teile der Blätter goldgelb und bilden Muster, die mehr oder weniger große Flecken bilden, und manchmal auch ringförmig sein können. Teilweise treten auch untypische Vergabelungen oder Verwachsungen der Triebe auf. Die Reisigkrankeit wird überwiegend vom Virus der Reisigkrankheit (GFlV), aber auch vom Arabismosaik Virus (ArMV), seltener vom Himbeer Ringflecken Virus (RRV) verursacht.
Die genannten Viren sind nahezu runde Partikel von ca. 28 nm Durchmesser, die aus 20 Flächen zusammengesetzt sind (Eikosaeder). Sie werden durch wandernde, wurzelsaugende Nematoden (Fadenwürmer) übertragen. Wegen dieser Eigenschaften wird diese Virusgruppe als Nepo-Viren (nematodenübertragbare polyedrische Viren) bezeichnet. Zur Nahrungsaufnahme stechen die virusübertragenden Nematoden die feinen Wurzeln der Weinrebe an und saugen an den Zellen im Wurzelzylinder. Bei diesem Vorgang nehmen sie von infizierten Pflanzen die Viruspartikel auf und können sie beim nächsten Saugakt an einer nicht infizierten Pflanze wieder in die Zellen der Wurzel abgeben. Auf diese Weise verbreiten sich die Viren der Reisigkrankheit ausgehend von einzelnen oder wenigen infizierten Pflanzen herdförmig im ganzen Bestand.
Nach unten eigerollte Blätter, die sich bereits im Spätsommer je nach Sorte gelb oder rot verfärben sind das erste Anzeichen der Blattrollkrankheit, die ebenfalls zu nachlassender Leistungsfähigkeit der Pflanze führt. Verrieseln der Blüten, Kleinbeerigkeit und gestauchte Triebe sind die Folge. Die Blattrollkrankheit wird von verschiedenen Typen des Blattrollvirus (GLRaV) verursacht, deren Partikel dünnen langen Fäden ähneln. Unter den bisherigen klimatischen Bedingungen in den Weinbaugebieten entlang des Rheins wird die Blattrollkrankheit nur durch die Verwendung infizierter Edelreiser oder Unterlagen verbreitet. Daher ist die Blattrollkrankheit bis auf wenige Ausnahmen nur zerstreut in Rebanlagen zu finden. In wärmeren Regionen südlich der Alpen sind es verschiedene Arten von Schmierläusen, welche die Viruspartikel beim Saugvorgang von infizierten auf gesunde Weinreben übertragen. Allerdings waren in der Vergangenheit einige Rebsorten fast vollständig von der Blattrollkrankheit befallen. Dies war unter anderem der Anlass einer gezielten Auslese gesunder und leistungsfähiger Klone.
Der einzige Weg, die Ausbreitung von Viruskrankheiten zu vermeiden ist gesundes Pflanzgut. Daher werden ausschließlich Pfropfeben in den Verkehr gebracht, die aus gesunden Unterlagen und Edelreisern erzeugt wurden. Für dieses aufwändige Verfahren werden europaweit Mutterpflanzen für Unterlagen und Edelreiser mit modernsten Diagnosemethoden untersucht. Allerdings wird für jede Virusart ein eigenes Testverfahren benötigt und neue, unbekannte Viren in der Pflanze können nicht nachgewiesen werden. In VITIFUTUR werden innovative Methoden entwickelt, die es erlauben, eine ganze Reihe von Viren in den Mutterpflanzen in einem einzigen Verfahrensschritt nachzuweisen. Hierdurch können auch neu eingewanderte Viren rechtzeitig erfasst und deren Einwanderung über Jungpflanzen unterbunden werden.
In befallenen Weinbergsflächen sind in den meisten Fällen sowohl infizierte Weinreben als auch die Vektoren der Viren vorhanden. Hier bestand bisher keine Möglichkeit Neuinfektionen zu verhindern und die Viruskrankheiten einzudämmen. Nunmehr liegen neue Unterlagen-Sorten vor, die eine Resistenz gegenüber virusübertragende Vektoren besitzen. In VITIFUTUR werden diese innovativen Unterlagen unter verschiedenen Klimabedingungen und Bodenverhältnissen geprüft. Das Ziel dieser Forschungs- und Entwicklungsarbeit ist es, der Praxis neuartige Unterlagen mit hoher Resistenz für virusverseuchte Rebflächen zur Verfügung zu stellen.
Die Esca-Krankheit hat sich innerhalb der letzten Jahre weltweit in allen Weinbaugebieten ausgebreitet und gehört inzwischen in Baden, der Pfalz, im Elsass und in der Schweiz zu den wirtschaftlich bedeutenden Krankheiten der Weinrebe. Sie trat Mitte der 1980er Jahre vermehrt in Erscheinung, ist aber schon seit dem Altertum bekannt und wurde bereits vor über 100 Jahren als Rebkrankheit beschrieben. Esca führt über kurz oder lang zum Absterben der Weinrebe und beginnt mit Aufhellungen der Blattfläche zwischen den Blattadern. Im weiteren Verlauf der Krankheit vergrößern sich die Aufhellungen und es bilden sich Nekrosen. Im fortgeschrittenen Stadium ist die gesamte Blattfläche zwischen den Blattadern aufgehellt und großflächig abgestorben. Durch den Verlust der Blattfläche ist die Wuchskraft befallener Pflanzen deutlich geschwächt und es bilden sich im Spätstadium nur noch dünne und verkürzte Triebe. Es können einige Jahre vergehen, bis das Endstadium erreicht ist, in dem der Austrieb immer schwächer wird und die Weinrebe schließlich abstirbt. Sehr häufig ist der Beerenansatz stark reduziert und die Beeren verfärben sich grau-schwarz und schrumpfen vor der Ausreife. Der Schaden durch Esca wird hauptsächlich durch das frühzeitige Absterben von Weinreben verursacht, da für das Nachpflanzen von Pfropfreben und die damit verbundene Mehrarbeit durch die Pflege dieser jungen Pflanzen Mehrkosten entstehen. Bei älteren Anlagen mit einer hohen Anzahl abgestorbener Weinreben ist es zweckmäßiger, die gesamte Rebanlage zu roden und eine Neuanlage zu erstellen. Auch hier entstehen durch die vorzeitige Neuanlage erhebliche Kosten.
Im Querschnitt des Stamms sind braune Flecken im Holzkörper zu finden, die im Längsschnitt als Streifen erscheinen. Aus diesen Verbräunungen können Phaeomoniella chlamydospora, Diplodia seriata und Neofusicoccum parvum isoliert werden, die Holzfasern und Gefäße besiedeln. Sie vermehren sich durch Sporen, die in den Gefäßen gebildet werden. Über die Art und Weiser wie sich die Sporen ausbreiten und unter welchen Bedingungen sie den Rebstamm infizieren ist allerdings noch wenig bekannt. Die Esca-Symptome an den Blättern und Beeren werden sehr wahrscheinlich durch Toxine, die diese Pilze ausscheiden und die über das Wasserleitungssystem in die Laubwand gelan-gen, verursacht. Vollkommen unterschiedlich präsentiert sich im Quer- und Längsschnitt der Bereich, der vom Mittelmeer Feuerschwamm besiedelt wird. Hier ist die Struktur des Holzkörpers aufgelöst, so dass nur ein watteähnliches Gewebe anstelle des festen Holzes übrig geblieben ist, das durch dunkelbraune Linien vom gesunden Holz abgegrenzt wird. Diese sogenannte Weißfäule wird von vielen Baumschwämmen, zu denen der Mittelmeer Feuerschwamm gehört, durch Abbau von Lignin in den Holzfaserzellen und den Wasserleitungsgefäßen (Tracheen) verursacht. Im Querschnitt ist deutlich zu sehen, dass die Weißfäule von großen Schnittwunden am Stammkopf ausgeht. Dies deutet daraufhin, dass Wunden die Eintrittspforten für den Pilz sind. Der Pilz verbreitet sich durch Sporen, die das ganze Jahr über, auch an milden Wintertagen, aus den Fruchtkörpern entlassen werden. Die Fruchtkörper bilden an absterbenden Stämmen unterhalb des Kopfes ein hellbraunes Polster mit mikroskopisch kleinen Röhren, in denen sich die Sporen entwickeln.
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